Wölfe und Menschen
Auch heute noch hält sich in den Köpfen vieler Menschen das Bild vom „bösen“ Wolf. Am bekanntesten ist sicher das Märchen vom Rotkäppchen. Aber Menschen gehören nicht in das Beuteschema von Wölfen – ihnen gegenüber ist der Wolf eher skeptisch. Aus Vorsicht versucht er eher, uns Menschen aus dem Weg zu gehen und sich zu entfernen. Die Angst vor dem Wolf entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Solange wir die Wölfe als Wildtiere betrachten und behandeln, die ohne Bezug zum Menschen leben, besteht kein Grund zur Sorge. Wölfe sind nicht gefährlicher als viele andere Wildtiere auch. Solange ein Wolf nicht provoziert, angefüttert wird oder krank ist, geht er Menschen aus dem Weg.
In Deutschland hat es seit der Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 keine Situation gegeben, in der sich ein Wolf einem Menschen aggressiv genähert hat.
Wölfe betrachten Menschen nicht als Beute
Eine Begegnung mit einem Wolf?
Die hochentwickelten Sinnesorgane ermöglichen es Wölfen, Menschen auch über weitere Entfernung wahrzunehmen und ihnen frühzeitig auszuweichen. Im seltenen Fall einer Begegnung bleiben die Tiere mitunter neugierig stehen und versuchen, die Situation einzuschätzen. Meist ziehen sich Wölfe ohne Zwischenfälle nach kurzer Zeit zurück.
Wölfe bewegen sich energiesparend fort und nutzen gelegentlich auch Wege und Straßen. Dabei kann es vorkommen, dass sie auch Dörfer oder Städte durchqueren. Das ist kein auffälliges Verhalten, solange sie sich von Menschen fernhalten.
Beobachtungen zeigen, dass Wölfe Personen in Autos oder auf Traktoren in der Regel nicht als solche wahrnehmen. Daher kommt es manchmal zu Sichtungen, bei denen Wölfe recht nah an Fahrzeuge herankommen. Erst wenn Menschen aussteigen und sich bemerkbar machen, ziehen sich Wölfe zurück.
Spaziergänge mit Hunden sind auch weiterhin in Wolfsgebieten möglich. Ein frei herumlaufender Hund kann jedoch als Eindringling oder potenzieller Paarungspartner wahrgenommen werden. Im Fall einer Begegnung mit Wölfen rufen Sie Ihren Hund zu sich und leinen Sie ihn an. So ordnen Wölfe den Hund dem Menschen zu.
Grundregeln im Zusammenleben mit Wildtieren:
respektvoll Abstand einhalten, kein Nachlaufen hinter Tieren, Jungtiere nie anfassen oder aufnehmen, kein Aufsuchen von Bauten oder Wurfhöhlen, niemals Tiere füttern!
Jede Wolfssichtung oder Begegnung sollte möglichst bald an das zuständige Landesumweltamt (LANUK NRW) gemeldet werden.
Junge Wölfe wandern weite Strecken
Mit Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von 10–22 Monaten verlassen Jungwölfe das elterliche Territorium, um ein eigenes Gebiet und einen Paarungspartner zu suchen. Dabei legen sie manchmal Strecken von mehreren hundert Kilometern zurück, wenn sie kein passendes Revier oder keinen Partner finden – auch über Ländergrenzen hinweg.
Abwandernde Jungwölfe sind unerfahren und nicht ortskundig. Wenn sie durch unsere offene Kulturlandschaft laufen, fehlen ihnen sichere und ungestörte Rückzugsgebiete. Die Wahrscheinlichkeit, aufgescheucht und gesehen zu werden, ist dann deutlich größer.
Foto: Heiko Anders
WOLFS-FAQ
Wie soll ich mich verhalten, wenn ich einem Wolf begegne?
Beobachten Sie das Tier ruhig. Lassen Sie ihm genug Raum, damit es sich zurück ziehen kann. Wenn Sie sich unwohl fühlen, richten Sie sich auf und machen Sie sich groß. Lautes, energisches Rufen oder Klatschen kann den Wolf vertreiben. Laufen oder fahren Sie einem Wolf nicht hinterher, versuchen Sie niemals, in anzulocken oder zu füttern. Wenn möglich, machen Sie aus der Distanz Fotos. Ziehen sie sich langsam zurück und melden Sie Ihre Beobachtung an die zuständige Behörde: https://wolf.nrw/
Wieso gehen Wölfe in Siedlungen?
Wölfe brauchen keine Wildnis und leben mit uns in der Kulturlandschaft. Daher ist die Sichtung eines Wolfs in der Nähe von Siedlungen an sich nichts Ungewöhnliches. Bei einer Reviergröße von 200 bis 300 Quadratkilometern liegen immer Ortschaften und Gehöfte mitten im Wolfsrevier. Bei ihrer Wanderung wählen Wölfe schlicht den kürzesten und oftmals auch bequemsten Weg – und der kann schon mal mitten durch eine Siedlung gehen.
Sind Waldbesucher*innen durch Wölfe gefährdet?
Der Wald wird durch die Rückkehr des Wolfes nicht gefährlicher. Von Wildschweinen beispielsweise geht durch ihre Wehrhaftigkeit und große Anzahl allein statistisch gesehen eine größere Gefahr aus als vom Wolf. In Deutschland hat es seit der Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 keine Situation gegeben, in der sich ein Wolf einem Menschen aggressiv genähert hat. In vielen europäischen Staaten leben Menschen und Wölfe seit Jahrhunderten in der gleichen Region. Trotz aller Vorsicht: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es in der freien Natur ebenso wenig wie beim Zusammenleben mit Haustieren.
Was ist, wenn ich aus Angst vor dem Wolf nicht mehr in die Natur gehen möchte?
Angst ist eine körperliche Reaktion auf eine unbekannte oder unsichere Situation. Man kann dieses Empfinden nicht abschalten. Wer sich jedoch über sachliche Informationen mit der Lebensweise des Wolfes vertraut macht, kann Situationen besser einschätzen. Dann wird klar, dass es unbegründet ist, wegen des Wolfs die Natur zu meiden. In vielen Staaten der Erde gehören Wanderungen durch Wolfsgebiete zur völligen Normalität. Auch deshalb begleitet der NABU die Rückkehr der Wölfe seit dem Jahr 2005 mit umfangreicher Informationsarbeit.
„Wölfe sind nicht gefährlicher als viele andere Wildtiere auch. Solange ein Wolf nicht provoziert oder angefüttert wird, geht er Menschen aus dem Weg. “

Jennifer Hoffmann-Koch
Stellvertretende Sprecherin Landesfachausschuss Wolf