Steckbrief: Der Europäische Grauwolf
Steckbrief: Europäischer Wolf (Canis lupus lupus)
Art: Canis lupus
Gattung: Canis (Wolfs- und Schakalartige) mit acht Arten
Länge (inkl. Schwanz): 100 bis 140 cm (Rüden), 97 bis 124 cm (Fähen)
Schulterhöhe: 70 bis 90 cm (Rüden), 60 bis 80 cm (Fähen)
Gewicht: 33 bis 43 kg (Rüden), 25 bis 35 kg (Fähen)
Geschlechtsreife: mit ca. 22 Monaten (ausgewachsen nach 12 bis 14 Monaten)
Tragezeit: 61 bis 63 Tage
Wurfzeit: April/Mai
Anzahl Junge: häufig 4 bis 6 Welpen pro Wurf
Geburtsgewicht: 300 bis 500 Gramm
Territorium: 100-350 km²

Perfekt angepasster Beutegreifer
Wölfe haben wesentlich geringere Ansprüche an ihren Lebensraum als bisher angenommen. Sie brauchen keine unberührten Wälder und kommen auch in Agrarlandschaften gut zurecht. Eine 2020 erschienene Studie im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz hat unter dieser Annahme errechnet, dass weite Teile Deutschlands für Wölfe geeignet sein könnten. In Zukunft kann es daher in vielen Regionen Wolfsterritorien geben.
- vor 150 Jahren in Deutschland durch den Menschen ausgerottet
- seit dem Jahr 2000 auf eigenen Pfoten zurückgekehrt
- gilt in Deutschland als stark gefährdet
- geschützt durch europäische und bundesdeutsche Naturschutzgesetze
Foto: Heiko Anders
WOLFS-FAQ
Woran erkenne ich einen Wolf?
Wölfe und Hunde werden häufig miteinander verwechselt, da Hunde als direkte Wolfsnachfahren natürlich viele ähnliche Merkmale aufweisen. Es gibt sogar Hunderassen, die gezüchtet wurden, um dem Wolf möglichst ähnlich zu sehen. Besondere Merkmale eines erwachsenen Wolfes sind sein heller Schnauzenbereich, seine kleinen, dreieckigen Ohren und ein dunkler Sattelfleck auf dem Rücken. Das Bauchfell ist eher hellbraun, auf dem Rücken etwas dunkler mit schwarz durchsetzt. Darüber hinaus hängt der Schwanz fast immer herunter und hat eine dunkle Spitze. Wölfe haben eine auffällige Mähne im Winterfell, erscheinen aber im Sommerfell sehr hochbeinig und mager.
Warum kommen Wölfe zurück?
Wölfe stehen seit vielen Jahren in Deutschland und Europa unter strengem Schutz und dürfen nicht mehr geschossen werden. Unsere Landschaft ist für den Wolf geeignet und die Bestände der Beutetiere wie Reh, Rothirsch und Wildschwein sind vielerorts hoch. Da Wölfe sehr wanderfreudig sind, können sie weite Wege zurücklegen und aus Wolfspopulationen angrenzender Länder, in denen Wölfe nie ausgerottet wurden, nach Deutschland in Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets zurückkehren.
Sind Wölfe Einzelgänger?
Jein. Je nachdem, in welcher Lebensphase sich ein Wolf befindet, ist er Familien- oder Einzelwolf. Die übliche Sozialstruktur der Wölfe ist das Rudel – vergleichbar mit einer menschlichen Kleinfamilie. Junge, erwachsene Wölfe verlassen ihr Elternrudel mit etwa zwei Jahren, um sich ein eigenes Territorium und einen Partner zur Gründung eines Rudels zu suchen. Diese Jungwölfe gehen meistens allein auf Wanderschaft. Sie können sich dann auch gut allein ernähren, indem sie Rehe oder junge Wildschweine erbeuten.
Wie groß ist ein Wolfsrevier in Deutschland?
Die Größe eines Wolfsreviers ist variabel und hängt vor allem von der verfügbaren Nahrung aber auch von ausreichenden Rückzugsgebieten ab. Gibt es mehr Beute, ist das Revier kleiner und umgekehrt. In Deutschland nutzt eine Wolfsfamilie ein Territorium von rund 200 bis 250 Quadratkilometern – im europäischen Vergleich entspricht dies dem Durchschnitt.

Tiere mit Familiensinn
Ein Rudel ähnelt einer menschlichen Kleinfamilie: Es gibt ein Elternpaar, das meist lebenslang zusammenlebt und gemeinsam ein Revier besetzt. Darin dulden sie außer ihrem eigenen Nachwuchs keine anderen Wölfe. In der Regel bringt eine Wölfin jedes Jahr drei bis acht Welpen zur Welt. Die Welpen des Vorjahres nennt man Jährlinge – gewissermaßen die Jugendlichen der Familie. Meist werden die Jährlinge mit zehn bis 22 Monaten geschlechtsreif und wandern auf der Suche nach einem eigenen Revier und eigenen Partner ab.
Wölfe sind sehr intelligente und kooperative Tiere, so helfen beispielsweise die Jährlinge bei der Aufzucht der jüngeren Geschwister. Für den Zusammenhalt und die Kommunikation spielen Geruchssignale, Haltungen und Bewegungen des Kopfes, der Ohren, des Körpers oder der Rute als auch Lautäußerungen eine wichtige Rolle. Sie lassen zum Beispiel erkennen, ob ein Tier drohen oder beschwichtigen will. Duftmarken und das über viele Kilometer hörbare Heulen nutzen Wölfe um ihr Territorium abzustecken. Sie signalisieren damit fremden Wölfen: Dieses Gebiet ist schon besetzt! Die Größe der Rudel richtet sich nach Qualität des Lebensraums, der Dichte der Beutetierpopulation sowie der Gesundheit der Wölfe. In Deutschland geht man von durchschnittlich acht Tieren pro Rudel aus, die Welpen mitgerechnet.

„Geschrei macht den Wolf größer als er ist.“
Wölfe waren zirka 180 Jahre nicht mehr Teil unserer Landschaft in Deutschland. Die Gesellschaft reagiert auf ihre Rückkehr vielschichtig: Das Spektrum reicht von Wolfsenthusiasten, die die Tiere verherrlichen, bis zu Wolfshassern, die sie stark verteufeln. Dabei tragen die Medien häufig dazu bei, die Lager weiter zu spalten, anstatt objektiv zu informieren. Durch die große Emotionalität in der Debatte scheint ein sachlicher Dialog oft schwierig und die Lager festgefahren. Warum ist das so? In der Diskussion über Wölfe wird eine übergeordnete Frage verhandelt, die einen umstrittenen Grundwert unserer Gesellschaft reflektiert: Wie viel Natur wollen wir als Gesellschaft in unserer Kulturlandschaft zulassen?

Thomas Pusch
NABU-Landesvorstand